Die letzten Jahre haben uns vor viele Herausforderungen gestellt, und auch die Art und Weise, wie wir Yoga unterrichten, hat sich entscheidend verändert. Als die Corona-Pandemie begann, stand ich wie viele andere YogalehrerInnen vor der Frage, wie ich meinen Unterricht fortsetzen kann. Ehrlich gesagt, war ich zunächst fest davon überzeugt, dass Online-Yoga keinen Sinn macht und nicht nachhaltig sein kann. Die Vorstellung, Yoga vor einer Kamera zu praktizieren, empfand ich als kontraproduktiv und weit entfernt von der tiefen Verbindung, die wir sonst in einem gemeinsamen Raum spüren. Und da sprechen wir noch nicht mal davon, auch Yoga Ausbildungen online abzuhalten.
Doch plötzlich stand ich vor der Wahl: Entweder die Kurse und Ausbildungen absagen oder eine Lösung finden, um weiterhin für meine SchülerInnen da zu sein. Aus der Not heraus – und auch sehr widerwillig – habe ich mich dann überreden lassen, es zumindest als absolute Ausnahme auszuprobieren. Es fühlte sich anfangs wie ein Kompromiss an, doch ich wollte meine SchülerInnen nicht enttäuschen und wusste, dass ich es versuchen musste.
Innerhalb kürzester Zeit habe ich mich in die Technik eingearbeitet und alles darangesetzt, das Beste aus der Situation zu machen. Mein hoher Anspruch an den Unterricht hat mich dabei stets angetrieben: Auch wenn wir uns nur online sehen, sollte der Unterricht persönlich, kurzweilig, interaktiv und abwechslungsreich bleiben. Diese Elemente sind für mich unerlässlich, um eine tiefe Verbindung zu schaffen und den Yoga-Geist lebendig zu halten – egal, ob wir uns im selben Raum befinden oder über Bildschirme miteinander verbunden sind.
Und was soll ich sagen, über die Jahre habe ich das Online-Unterrichten lieben gelernt. Anfangs war ich skeptisch, wie so viele andere auch, aber mittlerweile schätze ich die Vorteile, die es mir bietet. Es hat sich herausgestellt, dass ich sogar online eine tiefe Verbindung zu meinen TeilnehmerInnen aufbauen kann und meinen Unterricht genauso abwechslungsreich und inspirierend gestalte wie im Studio. Das positive Feedback, das ich im Laufe der Zeit erhalten habe, hat mir gezeigt, dass diese Verbindung auch durch einen Bildschirm hindurch möglich ist. Ich denke, das liegt nicht nur an der Technik, die ich stetig optimiert habe, sondern auch an der pädagogischen Herangehensweise, die ich auf die Online-Welt übertragen habe. Der Unterricht ist klar strukturiert, methodisch durchdacht und didaktisch ansprechend gestaltet. Mit den Jahren habe ich meinen Ansatz verfeinert, die Technik angepasst und mich den neuen Gegebenheiten gestellt. Heute bin ich froh, dass ich diese Herausforderung angenommen habe, und hier teile ich nun meine wertvollsten Tipps und Erfahrungen mit euch – sowohl für die technische Seite als auch für die didaktische Gestaltung.
1. Die richtige technische Ausstattung
Eine gute technische Ausstattung ist das Rückgrat deines Online-Yoga-Kurses. Während der Anfangsphase meiner Online-Unterrichtsreise habe ich gemerkt, dass klare Bild- und Tonqualität unerlässlich sind, um effektiv unterrichten zu können. Mittlerweile habe ich echt schon viel ausprobiert. Hier meine Tipps:
Kamera: Eine klare Bildqualität ist entscheidend, damit deine TeilnehmerInnen deine Bewegungen gut erkennen können. Obwohl ich bisher nur meinen Laptop verwendet habe, denke ich darüber nach, in eine hochwertige Kamera zu investieren (eine Sony Alpha 6400), um die Bildqualität noch weiter zu verbessern. Wobei ich mit meiner Kamera an meinen Macbook echt mega zufrieden bin. Die Bildqualität ist super. Ansonsten verwenden viele meiner Kolleginnen eine Webcam von Logitech (zum Beispiel Logitech Pro Stream C922).
Beleuchtung: Achte darauf, dass der Raum gut ausgeleuchtet ist. Natürliche Beleuchtung ist ideal, aber eine Ringlichtlampe kann ebenfalls eine gleichmäßige Ausleuchtung gewährleisten, vor allem auch dann, wenn man zum Beispiel abends unterrichtet, wenn es keine natürliche Lichteinstrahlung mehr gibt. Ansonsten gibt es noch Softboxen. Eine gute Yogafreundin hat mir diese empfohlen: GEEKOTO Softbox Set.
Mikrofon: Deine Stimme ist dein wichtigstes Werkzeug im Online-Unterricht. Mit einem Ansteckmikrofon für aktive Sequenzen und einem Standmikrofon (Blue Microphone – Snowball iCE) für ruhigere Einheiten habe ich eine Lösung gefunden, die es mir ermöglicht, meine Stimme klar und deutlich zu übertragen – selbst bei dynamischen Bewegungen. Im ersten Jahr hatte ich ein Funk-Headset mit einem Mischpult, das verwende ich aber gar nicht mehr, weil es mir zu unpraktisch ist. Wenn ich jetzt noch mal von vorne beginnen würde, würde ich mir gleich ein Ansteckmikrofon kaufen. Ich habe das Rode WIGO II Single und liebe es heiss und innig. Ebenfalls sehr beliebt unter meinen Kolleginnen sind kabellose Kopfhörer. Ich komme im Unterrichtssetting leider nicht so gut mit ihnen zurecht. Ich verliere sie 🙂 Vielleicht sind meine Ohren nicht so kompatibel für kabellose Kopfhörer oder ich habe einfach noch nicht die passenden gefunden.
Internetverbindung: Eine stabile und schnelle Internetverbindung ist unerlässlich. Nichts ist frustrierender als eine ruckelnde Videoübertragung. Daher habe ich in eine richtig gute Internetverbindung investiert. Doch das Leben ist voller Überraschungen, und in den letzten vier Jahren habe ich an den unmöglichsten Orten unterrichtet: bei meinem Schwiegervater in der Waschküche seines Gasthauses, bei meiner Mama unterm Dach am Land, in diversen Hotelzimmern, im Ferienhaus in Altaussee, bei Freunden im Gang, im Camper Van auf dem Campingplatz in der Lüneburger Heide – die Liste ist lang. Natürlich ist nicht immer der Luxus eines schön hergerichteten Yogaraums und einer stabilen Internetverbindung gegeben. Wenn ich merke, dass irgendetwas nicht passt, bedeutet das für mich immer extremen inneren Stress. Bisher hat es jedoch bis auf kleine Ausnahmen immer gut funktioniert, und dennoch ist das Unterrichten zu Hause am stressfreisten für mich.
2. Der virtuelle Unterrichtsraum
Ein ruhiger, aufgeräumter Hintergrund hilft deinen TeilnehmerInnen, sich auf die Praxis zu konzentrieren. Ich habe gelernt, dass weniger oft mehr ist – ein minimalistischer Hintergrund ohne Ablenkungen schafft eine beruhigende Atmosphäre. Manchmal hilft es auch schon, den Bildausschnitt leicht zu verändern, um mehr Ruhe ins Bild zu bringen. Es gab wirklich Settings, in denen mein Bildausschnitt super schön war, und es aber außen herum ausgesehen hat, als wäre eine Horde verrückt gewordener Wildschweine durchs Zimmer gerannt. Ein paar Mal habe ich auch outdoor unterrichtet, neben dem Haus. Da war die Ton- und Bildqualität erstaunlich gut. Das Bild war sehr schön, weil man sehr viel Natur und Grün gesehen hat. Das war etwas ganz Besonderes – auch für die TeilnehmerInnen. Das beste Hintergrund war aber definitiv mein Schwiegervater, der nur mit einem Handtuch bekleidet durchs Bild gegangen ist, als ich meine wöchentliche Meditationseinheit am Sonntag Abend unterrichtet habe.
Kameraeinstellungen: Stelle deine Kamera so ein, dass dein ganzer Körper sichtbar ist, sowohl in stehenden als auch in liegenden Positionen. Besonders wichtig finde ich es, beim Online-Unterrichten immer wieder in die Kamera zu schauen, um zu sehen, was die TeilnehmerInnen machen und auch zu checken, ob man selbst noch online ist. Es könnte ja sein, dass die Verbindung weg ist und man es selbst nicht bemerkt. Während der Stunde überprüfe ich also regelmäßig den Bildschirm, um sicherzustellen, dass ich im Bild bleibe und meine SchülerInnen mich sehen können. Manchmal platziere ich auch während der Einheit meine Matte noch mal anders, wenn ich das Gefühl habe, dass es einzelne Asanas gibt, die dann besser nachvollziehbar sind.
Interaktive Elemente: Der Chat oder die Funktion zum Anheben der Hand kann eine wunderbare Möglichkeit sein, um Fragen zu stellen oder Feedback zu geben. Ich finde es besonders schön, interaktive Elemente vor allem nach der Einheit zu nutzen. Nach dem Unterricht plaudere ich gerne noch mit den TeilnehmerInnen, tausche mich aus und trinke manchmal sogar gemeinsam einen virtuellen Tee. Das schafft eine schöne Atmosphäre und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
3. Didaktische Anpassungen für den Online-Unterricht
Online-Unterrichten erfordert eine andere Herangehensweise als der Unterricht im Studio. Ich habe festgestellt, dass es wichtig ist, die Inhalte klar und präzise zu vermitteln, da nonverbale Kommunikation im Online-Format schwieriger ist.
Verständliche Anweisungen: Es ist herausfordernd, dass die TeilnehmerInnen einen immer nur von einer Seite, also aus einem Blickwinkel, sehen können. Daher ist es wichtig, die Bewegungen so klar wie möglich zu beschreiben und sicherzustellen, dass die SchülerInnen die Asanas aus verschiedenen Perspektiven verstehen. Ich denke, als frisch gebackene Yogalehrerin fände ich das eine große Herausforderung. Es setzt sehr viel eigenes Wissen und Erfahrung voraus.
Visualisierung und Bildsprache: Ich nutze Visualisierungen und bildhafte Sprache, um meinen SchülerInnen zu helfen, die Haltungen zu verstehen und korrekt auszuführen. Diese Methode verwende ich auch im normalen Unterricht, weil bei mir die TeilnehmerInnen oft die Augen geschlossen haben, wenn es die Praxis erlaubt. Es regt die Vorstellungskraft an und schafft eine tiefere Verbindung zur eigenen Praxis.
Energie und Präsenz: Am Anfang war es für mich schwierig, die Energie meiner SchülerInnen im Online-Unterricht zu spüren. Mittlerweile kann ich das aber auch online sehr gut wahrnehmen. Auch im virtuellen Raum ist ein “Space” spürbar, wenn man sich darauf einlässt. Diese Energie trägt dazu bei, dass die Stunde genauso kraftvoll wird wie im physischen Raum. Es ist immer wieder erstaunlich was man dann doch alles mitbekommt, selbst wenn es „nur“ online ist. Ich kann genau sagen, wer wie konzentriert dabei war, durch was herausgefordert wurde oder sich leicht getan hat.
4. Umgang mit Herausforderungen
Technische Schwierigkeiten können selbst bei der besten Vorbereitung auftreten. Bleibe ruhig und flexibel. Es ist immer eine gute Idee, einen Testdurchlauf zu machen, wenn du etwas Neues ausprobierst. Und bei regelmäßigen Stunden lohnt es sich, immer etwas früher da zu sein. Man darf nicht vergessen, dass eventuell die TeilnehmerInnen Fragen haben oder Schwierigkeiten, die man dann vor der Stunde noch klären kann. Oft funktioniert Bild oder Ton nicht. Daher empfehle ich auch den SchülerInnen, etwa 10 Minuten vor Beginn online zu sein. So wie in einer normalen Einheit auch, muss man sich noch einrichten, bevor es beginnt.
Flexibilität und Geduld: Online-Yoga erfordert sowohl von dir als auch von deinen SchülerInnen Geduld. Vermeide Perfektionismus und erlaube dir, in der neuen Umgebung zu wachsen.
5. Aufbau einer Online-Community
Ein großer Vorteil des Online-Unterrichts ist die Möglichkeit, eine weitreichende und vielfältige Gemeinschaft aufzubauen. Nutze Social Media, E-Mail-Newsletter und Online-Foren, um mit deinen SchülerInnen in Kontakt zu bleiben und neue TeilnehmerInnen zu gewinnen. Ich habe festgestellt, dass regelmäßige Kommunikation und persönliche Ansprachen helfen, eine treue Community zu entwickeln.
Regelmäßiger Austausch: Ermutige deine SchülerInnen, Fragen zu stellen und Feedback zu geben. Einfache Mittel wie regelmäßige Q&A-Sessions oder eine private Facebook-Gruppe können helfen, den Kontakt zu vertiefen.
Fazit
Das Unterrichten von Online-Yoga-Kursen ist eine aufregende Reise, die sowohl Herausforderungen als auch neue Möglichkeiten bietet. Was als skeptisches Experiment während der Pandemie begann, hat sich für mich zu einer wertvollen Ergänzung meiner Lehrmethoden entwickelt. Vor allem jetzt, mit einem Kleinkind zu Hause, schätze ich den Online Unterricht sehr. Mit der richtigen technischen Ausstattung, einer sorgfältigen didaktischen Planung und einem offenen Geist kannst du deine Online-Kurse erfolgreich gestalten.
Das beste Beispiel ist mein Papa mit seiner Frau. Sie waren vor Corona regelmässig beim Yoga. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und der nächste Yogakurs ist nicht gerade um die Ecke. Sie müssen erst mit den Auto fahren, um am Kurs teilnehmen zu können. Als ihre LehrerInnen dann auf online Yoga Unterricht umgestellt haben, waren sie alles andere als begeistert und haben sich lange dagegen gewehrt. „Online – das kann ja nicht funktionieren und kommt nie an den live Unterricht heran.“ Letzten Endes lieben sie jetzt ihren Online Unterricht. Selbst wenn sie im Urlaub sind, können sie teilnehmen und wenn es ihnen zu anstrengend wird, täuschen sie Verbindungsprobleme vor und schalten die Kamera aus, trinken einen Tee und machen Pause. Wenn sie wieder mitmachen wollen, dann schalten sie die Kamera wieder ein. Das habe ich schon öfter gehört, dass das für die TeilnehmerInnen noch mehr Flexibilität bedeutet und dass sich die Leute eher trauen wirklich bei sich und ihren eigenen Bedürfnissen zu bleiben. Das würde ich mir auch für den Unterricht vor Ort wünschen.
Denke daran, dass es nicht nur darum geht, die Technik zu meistern, sondern auch darum, eine tiefe und inspirierende Verbindung mit deinen SchülerInnen aufzubauen – egal, wo sie sich gerade befinden. Diese Verbindung macht den Yoga-Unterricht so kraftvoll und kann auch im virtuellen Raum bestehen.